Science Was ist Dunkle Energie?

Was ist Dunkle Energie?

ESA-Sonde Euclid un NASA Sonde Roman erforschen gemeinsam die Dunkle Energie

Credit; NASA

1 ESA-Sonde Euclid und NASA Sonde Roman erforschen gemeinsam die Dunkle Energie

Im Jahr 367 v. Chr. trat ein junger Mann in Athen in die Akademie des Philosophen Platon ein. Sein Name war Aristoteles. Er wurde einer der bedeutendsten Philosophen und Naturforschern der Geschichte. In seiner Physik lehnte er damals die Existenz des völlig leeren Raumes ab mit dem Argument:

"Niemand wäre in der Lage, einen Grund anzugeben, weshalb dasjenige, das (darin) in Bewegung gesetzt worden ist, irgendwo einmal stehen bleiben sollte.“

Das erschien ihm unsinnig. Dabei nahm er so den Trägheitssatz von Isaac Newton vorweg, den dieser rund 2000 Jahre später als Axiom formulierte:

„Ohne einwirkende Kraft verharrt ein Körper im Zustand seiner Bewegung.“

Newton stellte sich den Raum absolut leer vor, ohne jegliche Materie oder Substanz darin. Er war für ihn eine Art "Behälter".

Aber existiert er, der völlig leere Behälter? Oder war Aristoteles auf der richtigen Spur?

Die Erforschung des Weltraums führt heute zu einer Entdeckung, die überrascht: der Behälter dehnt sich aus, immer schneller – dauernd - überall. Diese Ausdehnung kann man zurückverfolgen. Sie begann vor 13,6 Milliarden Jahren an einem einzigen Punkt. Mit einem Urknall kam dort das Universum in die Welt.

 

2 Schema: Durchmesser des Weltalls ( Hochwert) und Zeit (Rechtswert). Man sieht: der Durchmesser nimmt zu.

 

Etwas unbekanntes treibt das Weltall immer schneller auseinander. Die sichtbaren Sterne und Galaxien entfernen sich im Durchschnitt immer weiter voneinander. Das geschieht gegen die gegenseitige Anziehung der Himmelskörper durch deren Schwerkraft. Der „Schwung“ nach dem Urknall reicht dafür nicht aus. Die immer schnellere Ausdehnung muss eine ungeheuer große Energie als Ursache haben. Wir kennen diese Energie nicht.

Deshalb nennen wir sie die „Dunkle Energie“.

Bei gleichmäßiger Ausdehnung würde man dagegen so etwas erwarten:

3 Gleichmäßige Ausdehnung

Es wäre ein Weltall, in dem überall die sogenannte Rotverschiebung des ausgestrahlten Lichtes, verursacht durch die "Fluchtgeschwindigkeiten", dem HUBBLE-LEMAÎTRE-Gesetz genau folgen würde: Doppelte Entfernung bedeutet streng doppelte Rotverschiebung und doppelte Fluchtgeschwindigkeit, gültig für alle Entfernungen.

Aber das ist nicht, was wir messen, und auch dazu wäre ein dauernder Zustrom von Energie nötig, um die Anziehung durch die Gravitation zu kompensieren. Wenn auch immer weniger Energie im Laufe der Zeit.

Allein unter dem Einfluss der Schwerkraft sollte die Ausdehnung etwa so verlaufen:

4 Nur Gravitation

Jedoch sehen wir das nur ganz am Anfang, wie wir heute wissen. Vergleicht man beides mit dem Bild der heute tatsächlich gemessenen Ausdehnung darüber (wobei das Bild darüber auch nur schematisch ist), dann hat man den Eindruck, es hätte vielleicht zwei Phasen in der Ausdehnung gegeben: Eine erste Phase, in der die Gravitation überwogen hat, und dann eine zweite Phase, in der immer mehr die dunkle Energie überwiegt, welche das Weltall immer schneller ausdehnt.

Viele Forscher vermuten heute, dass es der „leere Raum“ selbst ist, der die nötige Energie liefert. Er ist dann nicht leer, ist kein Behälter, wie Newton dachte. Er ist auch nicht nur Behälter mit Länge, Breite, Höhe und mit der Zeit als vierte Dimension, wie Albert Einstein ihn beschrieb. Der leere Raum ist etwas völlig anderes, etwas unbekanntes.

5 Alles und nichts: Die erstaunliche Wissenschaft des leeren Raumes

In einer Quelle, wo man so etwas nicht vermutet, im Amazon Prime Video in Deutschland, kann man einen Film in englischer Sprache sehen, den die BBC im Jahre 2011 produziert hat, unter der Leitung des Kosmologen Professor „Jim“ Al-Kalili von der Universität Surrey in Großbritannien.

Der Film erklärt anschaulich - und physikalisch korrekt - was sich hinter der modernen Vorstellung des leeren Raumes verbergen könnte: Das dauernde Entstehen und Vergehen kleinste Teilchenpaare aus Materie und Antimaterie – ständig und überall - im leeren Raum.

Es ist die Unschärferelation von Werner Heisenberg, ein grundlegendes Prinzip der Quantenmechanik, welche dies zulässt. Sie besagt, dass bestimmte Paare von physikalischen Größen, wie Ort und Impuls oder Energie und Zeit, nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit gemessen werden können. Je genauer man eine Größe misst, desto ungenauer wird die Messung der anderen Größe.

Auch das Produkt Energie mal Zeit darf also einen bestimmten Mindestwert nie unterschreiten. Für kurze Zeiten ist die Energie eines Systems deshalb so unbestimmt, dass man dem System Energie entnehmen kann, welche, über einen längeren Zeitraum gesehen, überhaupt nicht vorhanden ist

Gemäß dieser Unschärferelation können deshalb virtuelle Teilchen für eine sehr kurze Zeit „aus dem Nichts“ entstehen und wieder verschwinden, solange die Energie-Zeit-Unschärferelation eingehalten wird. Je größer dabei die Energie des virtuellen Teilchens, desto kürzer die Zeit, in der es existieren kann. In einem großen leeren Raum können viele dieser Teilchen im gleichen Zeitraum entstehen, da es dort viele verschiedene Zustände (man könnte sagen Lebensräume) gibt, die sie kurz besetzen können.

Der Casimir-Effekt ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie virtuelle Teilchen messbare physikalische Effekte hervorrufen, obwohl sie nicht direkt beobachtet werden können: Es entsteht eine Kraft zwischen zwei eng beieinanderstehenden, ungeladenen, leitenden Platten in einem Vakuum durch die virtuellen Teilchen, welche die Platten etwas zusammen drückt.

Denn zwischen den Platten sind nicht alle Zustände möglich. Insbesondere nicht solche mit Wellenlängen, die größer als der Abstand zwischen den Platten sind. Vereinfacht ausgedrückt passen diese Wellen nicht dazwischen. Es gibt damit weniger freie Zustände und so eine geringere Dichte der Teilchenpaare zwischen den Platten. Außerhalb der Platten gibt es jedoch keine solche Einschränkung.

Diese Ungleichheit in der Dichte der Teilchenpaare erzeugt den Druck auf die Platten.

Der britische Physiker Paul Dirac hat einen wertvollen theoretischen Beitrag zur Untersuchung geleistet durch die Formulierung seiner Dirac-Gleichung und durch die Einführung des Konzepts der Antiteilchen.

6 Gedenkplatte. Seit November 1995 erinnert ein Stein im Fußboden der Westminster Abbey nahe Newtons
Grab an Paul Dirac. Seine berühmte Formel ist darin eingraviert. Sie erscheint einfach, was sie aber nicht ist.

Die Dirac-Gleichung, formuliert im Jahr 1928, beschreibt das Verhalten von Teilchen wie z.B. Elektronen. Sie ist die erste Theorie, die sowohl die Quantenmechanik als auch die spezielle Relativitätstheorie berücksichtigt. Die Gleichung erlaubte die Berechnung – nicht Messung - des Elektronenspins und sagte die Existenz des Positrons voraus, des Antiteilchens eines Elektrons, das dann 1932 entdeckt wurde.

Durch seine Gleichung und die Vorhersage von Antiteilchen legte Dirac den Grundstein für die spätere Entwicklung der Quantenfeldtheorie, die Teilchen und ihre Wechselwirkungen durch Quantenfelder beschreibt. Diracs Arbeit führte zu einem tieferen Verständnis der Materie und beeinflusste maßgeblich die Physik des 20. Jahrhunderts und bis heute.

Seine Berechnungen ergaben auch Teilchen mit negativer Energie. Da negative Energie aber nie beobachtet worden war, nahm Dirac an, dass das Vakuum ein Dirac-See sei, in dem jeder denkbare Zustand negativer Energie schon besetzt ist, sodass weitere Elektronen nur positive Energien annehmen könnten.

Die Vorstellung eines Dirac-Sees gilt heute als überholt. Sie ist durch die Feynman-Stückelberg-Interpretation ersetzt: Antiteilchen sind darin Teilchen, die sich rückwärts in der Zeit bewegen. In dieser Sichtweise ist ein Positron (das Antiteilchen des Elektrons) selbst ein Elektron, das sich rückwärts in der Zeit bewegt. Die Interpretation ermöglichte eine einheitlichere und konsistentere Beschreibung der Wechselwirkungen von Teilchen und Antiteilchen in der Quantenfeldtheorie. Sie mutet aber sonderbar an.) .

7 Weltraumteleskop Planck der ESA 2009 - 2013

Daten der Weltraumsonde Planck deuten heute darauf hin, dass 68,3 Prozent der gesamten Energie- und Materie im Universum diese rätselhafte Dunkle Energie ist. Die ebenfalls noch rätselhafte Dunkle Materie – Materie, die nicht mit Licht wechselwirkt – folgt mit 26,8 Prozent. Und lediglich 4,9 Prozent bestehen aus normaler sichtbarer Materie.

Wir selbst gehören zur normalen Materie. Und würden gerne wissen, was die Dunkle Energie nun wirklich ist.

 

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